Worauf kommt es eigentlich an beim BGM? ‚einfach gesund‘ hat sich mit einer Expertin unterhalten, die die Details kennt: Veronika Bittner-Wysk.

einfach gesund: Frau Bittner-Wysk, vielen Dank, dass Sie sich als Expertin in Sachen Gesundheit im Unternehmen für ‚einfach gesund‘ Zeit nehmen. Was bieten Sie an?
Veronika Bittner-Wysk: Der Unternehmensführung biete ich Hilfe bei der Bedarfsanalyse in Sachen Gesundheit im Unternehmen an. Durch anonyme Einzelinterviews der Mitarbeiter, gerne in Form von PhysioChecks in Kombination mit Massage, füllen wir einen Mitarbeiterfragebogen zum körperlichen und psychischen Wohlbefinden mit Inhalten. Wenn sich daraus ergibt, dass dies erwünscht ist, gehen wir in die Einzelbetreuung über und etablieren schmerzlindernde Sofortmaßnahmen, die man schnell erlernen kann. Darüber hinaus bringen wir uns mit Schulungen von Mitarbeitergruppen – etwa im Handwerk oder in den Büros – im Sinne einer neuen ‚Bewegungs-Choreographie im Alltag’ ein, die Schmerzen gezielt präventiv vorbeugt. Dort, wo Beschwerden im Alltag entstehen, kann man die sowieso nötigen Bewegungsabläufe zu gesunden Muskel-Trainings umgestalten.
Was motiviert Sie dabei?
Man kann so gut wirksame Hilfen vermitteln – durch kleine, leicht umsetzbare Maßnahmen. So lassen sich Bewegungen anders angehen, kleine Dehnungen zwischendurch einbauen und Miniübungen entwickeln, die unmittelbar umgesetzt werden können. Ich bin dabei begeistert vom Konzept, das mich dazu inspiriert: die reflektorische Schmerztherapie nach Dr. Brügger, die den Patienten zur täglichen ‚Selbstbehandlung’ motiviert.
Gibt es besondere Ziele, die Sie mit Ihrer Kundschaft erreichen?
Die Teamleader sollen verstehen, wie motivierend eine gute und stabile psychische Stimmung am Arbeitsplatz für den Mitarbeiter und die Mitarbeiterin ist, und wie viel Stressresilienz man indirekt dadurch erwirbt, indem man dort einen guten Umgang mit sich selbst pflegt, und was man durch Wertschätzung mit den Kollegen und Vorgesetzten erreicht. Das Unternehmen profitiert auch davon – durch guten Umgang der Mitarbeiter, gerade bei Konflikten, und bei der Bewältigung von angemessen angepasster Leistungsanforderung.
Sie sind Sozialpädagogin und haben viele Jahre PhysioEningen als Therapeutin geleitet. Wo liegt aus Ihrer Sicht das große Potential, wenn es um Gesundheit im Unternehmen geht?
Ein gutes Betriebsklima hilft nachweislich, indem es die Mitarbeiter an ihre Firma bindet und dabei hilft, auch die psychischen Ursachen von körperlichen Beschwerden zu bekämpfen – das senkt den Krankenstand ganz logischerweise durch gelebte Solidarität. Mit meinen Schulungen ergänze ich die Arbeit von Führungscoaches und Konflikt-Mediatoren, weil ich die Kompetenz zur Gesundheitsvorsorge durch viele kleine, einfache Veränderungen der Alltagsgewohnheiten schulen kann – und das am Ende sogar Spaß machen kann.
Sie diskutieren beim ersten Corporate Health Business Summit auf dem Podium mit, bei dem es darum geht, was bei den Gesundheitsmaßnahmen in den Betrieben oft schlecht läuft – aber auch, wo Erfolgsgeschichten entstehen. Geben Sie uns doch mal ein Beispiel aus Ihrer beruflichen Praxis…
Die größte Schwierigkeit, die es mit gewissem Aufwand zu bewältigen gilt, ist: auf gute Art herauszufinden, was sich Geschäftsführung und Mitarbeitende wünschen – welche Erwartungen realistisch sind, was zusammenpasst, was divergiert. Nur wer zur richtigen Einschätzung kommt, kann wirklich realisierbare Lösungen finden. Wenn etwa die Mitarbeiterinnen sehen, dass die Teamleiter selbst sowieso nicht mitmachen, interessiert es auch sie selbst überhaupt nicht. Das ist fatal, und so geht das BGM eigentlich immer schief! Mitmachen sollen ja auch die, die sich nicht schon von zu Hause aus für diese Themen interessieren. Sehr gute Erfahrung habe ich andererseits mit geplanten Gesundheitstagen gemacht – meist als Event in Kombination mit einer Fortbildung, einer sowieso fälligen Sicherheitsschulung, einer guten Kombi mit Betriebsfeiern oder Qualifikationsschulungen. Dies ist ein guter Einstieg und oft schon die halbe Miete; die andere Hälfte spreche ich an, wenn es gelingt, dass im Anschluss daran auch für Kontinuität und Nachhaltigkeit gesorgt wird. Erst mit dem gesamten Bild kann man eine Wirksamkeit erwarten und evaluieren.
Was ist also Ihre Erwartung an den Health Summit?
Dass es uns auf dem Podium gelingt, die Probleme und den Frust so anzusprechen, dass man nichts beschönigt, aber auch spannend genug bleibt, um die Zuhörer mitzunehmen… Wir wollen ja schließlich am Ende ja Lust darauf machen, es besser hinzukriegen. Ich wünsche mir zudem, dass alle Teilnehmer sich im Anschluss auch untereinander intensiv austauschen. Im besten Fall gelingt es unds Interesse am weiteren Erfahrungsaustausch zu stiften! Letztlich wollen wir die realisierbaren guten Wege offen legen und Mut machen, das lohnenswerte Thema Gesundheit in der Arbeitswelt noch einmal ganz neu anzugehen.
Das Interview führte Martin Gehring als Chefredakteur des ‚einfach gesund‘:-Magazins, www.einfach-gesund.online
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