Worauf kommt es eigentlich an beim BGM? ‚einfach gesund‘ hat sich mit einem Experten unterhalten, der die Details kennt: Tobias Harrer.

einfach gesund: Herr Harrer, danke, dass Sie sich für ‚einfach gesund‘ Zeit nehmen. Sie sind Sportwissenschaftler und arbeiten als Personal Trainer. Was bieten Sie genau an?
Tobias Harrer: Das ist natürlich das Personal Training, das ich als den effizientesten und erfolgsversprechenden Weg verstehe, um die eigenen Ziele und Wünsche zu mehr Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensqualität nachhaltig umzusetzen. Der zentrale Aspekt ist die persönliche und individuelle Betreuung – wo und wann, das bestimmen meine Kundinnen und Kunden. Neben ästhetischen Wünschen wie Gewichtsreduktion oder Muskelaufbau können orthopädische Beschwerden des Bewegungsapparats sowie internistische Erkrankungen unter anderem Diabetes Mellitus, arterielle Hypertonie, arteriosklerotische Erkrankungen und Stoffwechselerkrankungen adressiert werden.
Was motiviert Sie dabei?
Schon als ich noch ein Kind war, hat mich die Vielseitigkeit des Sports und Bewegung interessiert, egal ob Leichtathletik, Tennis, Volleyball, Kampf- und Kraftsport… Seit meiner Diagnose einer genetisch bedingten arteriellen Hypertonie habe ich dann den Fokus auf die gesundheitsfördernden Aspekte des Sports sowie eine gesunde Ernährung gerichtet. Nach meinem Studium in Tübingen betreue ich seit 2016 im Personal Training Bedienstete der Universität Tübingen und diverser Unternehmen und verhelfe ihnen zu einer gesteigerten Lebensqualität und Leistungsfähigkeit – weil das für mich mehr ausmacht als nur gutes Training! Es geht um die ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit, die Maximierung der Lebensqualität, die Reduktion von Stressoren und die Steigerung des Energielevels.
‚Sitzen ist das neue Rauchen‘ – das ist eines Ihrer Themen. Was steckt dahinter?
Mehrere Studien zeigen, dass Menschen, die täglich viele Stunden sitzen, ein erhöhtes Risiko für koronare Herzerkrankungen und Schlaganfälle haben – selbst wenn sie regelmäßig Sport treiben. Es geht dabei um schlechtere Blutzirkulation, Blutdruckanstieg und erhöhte Entzündungsmarker. Sitzen steigert auch das Risiko für Diabetes Typ 2. Metaanalysen zeigen, dass Menschen, die mehr als acht Stunden pro Tag sitzen, ein höheres Gesamtsterblichkeitsrisiko haben als diejenigen, die nur vier Stunden sitzen – was sich ungünstig verstärkt, wenn man ansonsten körperlich nicht aktiv ist. Langes Sitzen führt auch zu einer Abschwächung von Gesäß- und Rumpfmuskulatur, verkürzten Hüftbeugern und Rückenschmerzen durch statische Fehlbelastungen. Die gute Nachricht ist: Schon kleine Unterbrechungen reduzieren Risiken! Studien zeigen, dass bereits zwei bis drei Minuten Bewegung alle dreißig Minuten signifikante Verbesserungen bringt, nämlich bessere Blutzuckerwerte, eine verbesserte Durchblutung, die Entlastung der Wirbelsäule und geringere Müdigkeit. Und wer sich dreißig bis sechzig Minuten am Tag moderat bewegt, kompensiert einen Großteil der Risiken!
Jetzt sind Sie auch auf dem Podium beim ersten Corporate Health Business Summit am Start, bei dem es darum geht, was im Bereich Gesundheit in den Unternehmen manchmal richtig schlecht läuft – oder auch richtig gut. Geben Sie uns doch mal ein Beispiel aus Ihrer beruflichen Praxis…
Die schlimmsten Probleme ergeben sich, wenn die Führungskräfte nicht mit den Mitarbeitenden kommunizieren. Das Ergebnis ist, dass dann Angebote ins Leben gerufen werden, die mitunter nicht gewünscht sind und an Realitäten vorbeigehen. Dadurch entsteht eine regelrechte Gesundheitsüberdrüssigkeit, wenn es heißt: „Das hatten wir schon so oft, und es hat nie etwas gebracht“, nicht zuletzt auch echtes Konfliktpotential zwischen den Führungskräften und den Mitarbeitern, wenn „die da oben“ nicht zugehört haben. Deswegen sollte man externe Expertise nutzen, um es besser machen zu können. Ich selber stehe auf Bewegungspausen zur Kräftigung und Entspannung der von der Arbeit betroffenen vulnerablen Körperregionen und auf den Aufbau von Bewegungsroutinen, die auch abseits der Arbeit Anwendung finden sollen. Ein gutes und gelingendes Gruppentraining kann dabei der Schlüssel zum besseren Wohlfühlfaktor in der Abteilung werden.
Was ist also Ihre Erwartung an den Health Summit?
Wir sollten verstehen, dass BGM strategisch im Unternehmen verankert werden sollte, und dass die Führungskräfte es ausdrücklich vorleben sollten. Es muss dabei systematisch angegangen werden – von der Analyse über die Planung und Umsetzung bis hin zur Evaluation. Deshalb, lieber Chef, liebe Teamleiterin, liebe Vorgesetzen: Hört euch die Meinungen und Wünsche der Mitarbeiter wirklich an!
Das Interview führte Martin Gehring als Chefredakteur des ‚einfach gesund‘:‘-Magazins, www.einfach-gesund.online
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